Geoff Nicholson, 3M Ambassador und ehemaliger „Vice President for International Technical Operations“ bei 3M, äußerte sich kürzlich in einem Interview zu dem Thema „Six Sigma und Innovationen“ wie folgt (siehe auch hier):
The Six Sigma process killed innovation at 3M. Initially what would happen in 3M with Six Sigma people, they would say they need a five-year business plan for [a new idea]. Come on, we don’t know yet because we don’t know how it works, we don’t know how many customers [will take it up], we haven’t taken it out to the customer yet.
Hier scheint es, dass die Themen Six Sigma und Innovationen bei 3M in unzulässiger Weise verknüpft wurden.
Rufen wir uns noch mal ins Gedächtnis, worum es bei den Themen Six Sigma und Innovation eigentlich geht. Die Werkzeuge aus dem Six Sigma Baukasten dienen primär zur Verringerung von Variationen in Prozessen. Die Prozesse müssen dabei nicht auf den Bereich „Manufacturing“ beschränkt sein, obwohl Six Sigma ursprünglich dafür entwickelt wurde. Jeder vernünftig definierte Prozess mit zielführend installierten Metriken kann mit der Six Sigma Methode optimiert werden. Zur Anwendung von Six Sigma müssen diese Prozesse jedoch „stabil“ sein, ganz im Sinne einer Regelkarte oder auch Control Chart genannt.
Innovationen auf der anderen Seite beziehen sich sowohl auf Produkte und Dienstleistungen, als auch auf einen planbaren Innovationsprozess. Wie so etwas funktionieren kann und welche Metriken hierfür sinnvoll seien können, habe ich in einem früheren Blog beschrieben. Insbesondere die möglichen Metriken für einen planbaren Innovationsprozess beziehen sich oft auf die Softskills einzelner Mitarbeiter oder der gesamten Organisation. Statistische Methoden, wie im Six Sigma Werkzeugkasten oft zu finden, lassen sich in einem solchen Metriksystem nicht sinnvoll anwenden.
Bei 3M wird also bemängelt, dass Six Sigma die Freiheiten im Innovationsprozess zu sehr einschränken oder gar töten würde. Offensichtlich wurden hier die falschen Werkzeuge zur Steuerung und „Reparatur“ eines wie auch immer definierten Innovationsprozesses herangezogen. Sind jetzt auch noch die Metriken eines solchen Innovationsprozesses falsch gewählt (oder deren Ziele), so kann es in der Tat erscheinen, dass Six Sigma den Innovationsprozess eines der innovativsten Unternehmen der Welt eingeschränkt hat. Mit der Six Sigma Philosophie hat das jedoch wenig zu tun, sondern eher mit dem Fehlen eines tiefgreifenden Verständnisses des Zusammenhanges zwischen operativen Metriken und Optimierungswerkzeugen und der Funktionsweise eines Innovationsprozesses.